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  Der jüdische Kalender und heilige Tage  
 
Sukkot


"Sukkot" heißt "Hütten". Es bezieht seinen Namen von dem zentralen Gebot dieses Festes - dem Gebot "in Hütten zu wohnen": "... Am fünfzehnten Tage dieses siebten Monats ist das Fest der Hütten (Sukkot), sieben Tage Gott geweiht ... und am achten Tage soll euch heilige Berufung sein ... ein Abschlussfest, ihr sollt keine *Werktätigkeit verrichten ... In Hütten sollt ihr sieben Tage wohnen ... damit eure Nachkommen wissen, dass Ich die Kinder Israel in Hütten wohnen ließ, als Ich sie aus dem Lande Ägypten herausführte ..." (Lev. 23,34-43).


Das Fest der Freude
Sukkot ist das letzte der drei über das Jahr verteilten *Wallfahrtsfeste und beschließt gleichzeitig auch die Feste des Monats Tischri (*Rosch Haschana, *Jom Kippur, Sukkot). Die *Tora trägt diesem zweifachem Bezug Rechnung, indem sie Sukkot einmal im Rahmen der Wallfahrtsfeste (Dt. 16,1-17) und einmal im Rahmen der Tischri-Feste (Lev. 23,23-44) aufzählt. Mit den ersteren hat Sukkot den allen drei Wallfahrtsfesten eigenen historisch-landwirtschaftlichen Doppelcharakter gemeinsam. Mit den letzteren ist es zunächst durch die schlichte zeitliche Nähe verbunden: es beginnt nur vier Tage nach Jom Kippur und fällt somit ebenfalls in den Festmonat Tischri. In beiden Festkzyklen stellt sich Sukkot als der sie krönende Abschluss dar. Diese für das Sukkotfest mithin charakteristische Funktion als Abschlussfest kommt in der ihm von der Tora zugesprochenen Hauptstimmung zum Ausdruck: der Freude.
Wenngleich alle drei Wallfahrtsfeste den Stempel freudiger Volksfeste tragen, hebt die Tora den Freudencharakter von Sukkot ganz besonders hervor: “... Am fünfzehnten Tage dieses siebten Monats i st das Fest der Hütten ... und ihr sollt euch freuen vor dem Ewigen, eurem Gott, sieben Tage” ( Lev. 23,34-40). “Das Fest der Hütten sollst du machen sieben Tage lang ... und du sollst dich f reuen an deinem Fest, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und der *Levite und der Fremdling und die Waise und die Witwe ...” (Dt. 16,13-14). Und so wird Sukkot in den G ebetbüchern auch als “Das Fest der Hütten, die Zeit unserer Freude” bezeichnet. Freude ist so mit das Hauptmotiv des Hüttenfestes, und dies mag auch der Grund sein, warum Sukkot im *Talmud oftmals schlicht als “das Fest” " ("Chag") angesprochen wird.

Die Tatsache, dass dieses freudigste aller Feste gerade auf die Hohen Feiertage folgt, die im Hebräischen eigentlich “Furcht gebietende Tage” (“Jamim Nora'im”) heißen, ist von einiger Bede utung: Gottesfurcht und Freude sind nicht als Gegensätze aufzufassen, sie sollen einander vielmehr ergänzen. Diesen Gedanken finden wir schon in den Psalmen formuliert: “Dienet dem Ewigen in Furcht u nd freut euch im Zittern” (Psalmen 2,11). Gerade das Zittern vor Gottes Gericht, das für die Tage z wischen Rosch Haschana und Jom Kippur so bezeichnend ist, soll den Menschen schließlich für die wahre, reine Freude des nachfolgenden Sukkotfestes empfänglich machen. Dem mittelalterlichen Religionsphilosophen Rabbi Jehuda *Halevi (1080-1141) galt Freude neben Gottesfurcht und Liebe als eine von drei Seelenverfassungen, die die von jedem Juden anzustrebende ideale religiös-seelische Harmonie herstellen. Wenn eine von ihnen zu stark zu Lasten der anderen ausgeprägt ist, so gerät die Seele aus dem Gleichgewicht: “Die Zerknirschung, mit der du Gott an Fasttagen begegnest, s oll nicht größer sein als die Freude, mit der du dich Ihm am *Schabbat und an Feiertagen zu nähern suchst" (Buch Kusari 2,50).
Die in den “Furcht gebietenden Tagen” im Hinblick auf das unbestechliche und allwissende Gottesgericht vo rherrschende seelische Anspannung trägt nun, an Sukkot, die Früchte der Freude, welcher nur der entsühnte Mensch teilhaftig werden kann. Nur nach Jom Kippur kann daher Sukkot gefeiert werden (Carlebach 1934). Der landwirtschaftliche Charakter des Sukkotfestes als des “Festes des Einsammelns” (E x. 34,22) findet hierin sein geistig-religiöses Spiegelbild. Denn Freude - “das große Elixier d es Lebens ... eine Großmacht der Seele” (Carlebach 1934) - ist nicht nur die köstlichste, s ondern letztlich wohl auch die reifste Frucht der jüdischen Religion. Nur dort wo Freude ist, weilt nach einem Ausspruch des *Talmud die *Schechina, die göttliche Präsenz (Schabbat 30b).
Was nun nach jüdischer Auffassung unter echter Freude zu verstehen ist, kann anhand der für das Sukkotfest charakteristischen Gebote aufgezeigt werden.


Die "Vier Arten"
Das zentrale Gebot des Sukkotfestes ist das Wohnen, das Leben in der Sukka. Die beiden für das menschliche Leben wohl unersetzlichsten Tätigkeiten - Essen und Schlafen - sollen, falls nur irgend möglich (wenn es das Wetter zulässt), in der Sukka stattfinden (*Schulchan Aruch).
Gleich am Ausgang des *Jom Kippur fängt man an die Sukka zu bauen. In Gärten, auf nicht überdachten Terassen, auf hauseigenen Parkplätzen - überall, wo religiöse Juden wohnen, werden Hütten gezimmert. Denn in nur vier Tagen muss die Sukka stehen.
Die Sukka verdankt ihren Namen dem “Sechach”, ihrem Dach. Das Sukkadach ist somit das konstituierende Element der Sukka und ihm widmet das jüdische *Religionsgesetz auch die größte Aufmerksamkeit. Das Erstaunliche, ja Paradoxe an diesem Dach ist, dass es gerade die Hauptfunktion eines Daches - den Schutz vor den Naturelementen - nicht ganz erfüllen darf. Die Sukka muss unter freiem Himmel stehen. Ihr Dach, der “Sechach”, soll aus Ästen, Zweigen, Laub - daher bei Luther “Laubhüttenfest” - und sonstigen unbearbeiteten Gewächsprodukten bestehen. Es soll einerseits zwar so dicht sein, dass unter ihm mehr Schatten als Sonne ist, andererseits aber regendurchlässig sein. Regnet es dann während des Sukkotfestes tatsächlich, ist man von der Verpflichtung, in der Sukka zu essen und zu schlafen, befreit. Die *Mischna veranschaulicht diesen Fall am Beispiel eines die Festmahlzeit einleitenden *Kidusch, der buchstäblich “ins Wasser fällt” und daher nicht in der Sukka stattfinden kann: “Womit lässt sich dies vergleichen? Mit einem Diener, der sich anschickt, seinem Herren ein Glas Wein einzuschenken, als dieser ihm einen Eimer Wasser ins Gesicht kippt” (Sukka 2,9). Wir werden hier mit der paradoxen Tatsache konfrontiert, dass das jüdische Religionsgesetz (die Halacha) durch die vorgeschriebene Unvollkommenheit des Sukkadaches einem Zustand Tür und Tor öffnet, in dem das von ihm selbst proklamierte Gebot der Sukka nicht erfüllt werden kann. Die Unzulänglichkeit, der provisorische Charakter, der nur teilweise Schutz vor den Naturelementen gehören mithin zum Wesenscharakter der Sukka.
Die Sukka versinnbildlicht somit sehr anschaulich die Unvollkommenheit und den inherent “fragmentarischen Charakter” (Isaak *Breuer) unseres Daseins und sie führt uns die Unzulänglichkeit aller Vorrichtungen vor Augen, die wir zu dessen Erhaltung treffen. In ihr manifestiert sich das Bewusstsein der aus dem menschlichen Leben nicht wegzumeditierenden existenziellen Bedürftigkeit, die dem Judentum nicht etwa einen Anlass zur Weltabgewandheit gibt, sondern als die unverzichtbare Bedingung zur Erlangung von Gottesnähe gilt (*Chafez Chaim, Einleitung zur Mischna Berura).
Und so nehmt euch am ersten Tag Frucht vom Hadar-Baum, Palmzweige und einen Myrthenzweig und Bachweiden und ihr sollt euch freuen vor dem Ewigen, eurem Gott, sieben Tage” (Lev. 23,40). Dieser Vers wird vom jüdischen *Religionsgesetz als ein weiteres Gebot des Sukkotfestes rezipiert (*Schulchan Aruch, Orach Chajim 652,1). Die in ihm erwähnten “vier Arten” enthalten neben drei allgemein bekannten Gewächsarten - Palm- und Myrthenzweige sowie Bachweiden - eine sog. “Frucht vom Hadar-Baum”. Die letztere wird von der *mündlichen Tradition als eine genau bestimmbare zitronenähnliche Zitrusfrucht identifiziert: der “Etrog” (Sukka 35a). Die “vier Arten” werden bereits vor dem Sukkotfest erworben, damit sie an Sukkot bereit sind. Jede von ihnen hat bestimmte *religionsgesetzliche Anforderungen zu erfüllen, damit sie *koscher ist und somit die Erfüllung des Gebotes ermöglicht. Man bemüht sich oft, besonders “schmucke” vier Arten zu erstehen, auch dies ein Zeichen der für dieses Fest so bezeichnenden Freude. Denn durch das Hinausgehen über die Anforderungen des Religionsgesetzes unterscheidet sich gerade das freudige Erfüllen eines Gebotes von einer bloß pflichtgemäßen Gebotserfüllung.
Die drei Pflanzenarten werden zu einem Feststrauß zusammengebunden. Mit ihm und dem Etrog “bewaffnet”, schreitet der Jude während des Sukkotfestes jeden Morgen in die Synagoge, um dort den Feststrauß während ausgewählter Gebetspassagen mit dem Etrog zusammenzuführen und in alle Himmelsrichtungen zu schwenken. Dieser Gebotshandlung schreibt insbesondere die *Kabbala schicksalsbestimmende, ja kosmische Bedeutung zu. Auch der *Midrasch hat sich ihrer angenommen und ihren Sinn eher volkstümlich-psychologisch zu ergründen gesucht. In einer Serie aufeinander folgender Sinnbilder lässt er verschiedene Assoziationsreihen an uns vorbeiziehen, mit denen die Bedeutung der vier Arten erfasst werden soll. Die bekannteste von ihnen ist die Bezugnahme auf Geschmack und Geruch.

Der Geschmack, als das Innere einer Frucht oder eines Gewächses, steht stellvertretend für die Toragelehrsamkeit, der Duft, der sich nach außen bemerkbar macht, bezeichnet die guten Taten. Seine Toragelehrsamkeit bewahrt ein Mensch in seinem Inneren auf. Sie soll zwar unbedingt auch Einfluss auf seinen äußeren, d.h. gesellschaftlichen Wandel haben, es ist aber dennoch nicht immer der Fall. Es fehlt dann der Duft, der auch nach außen dringt, die guten Taten des Menschen also, die - im Gegensatz etwa zur nach innen gekehrten Gelehrsamkeit - auch von der Umwelt positiv zur Kenntnis genommen werden. Nun können die “vier Arten” nach Geschmack und Geruch eingeteilt werden. Da ist zunächst der Etrog. Dieser schmeckt gut und duftet auch. Er steht daher für den idealen Juden, der über große Toragelehrsamkeit verfügt und darüber hinaus auch viel Gutes tut. Der Zweig der Dattelpalme weist auf die Dattel hin. Diese schmeckt ausgezeichnet, duftet aber nicht: sie bezeichnet einen Juden, der sich eine große Toragelehrsamkeit angeeignet hat, sich dabei jedoch nicht durch besonders gute Taten auszeichnet. Die Myrthe wiederum riecht gut, schmeckt aber nicht. Das sind Menschen, die zahlreiche gute Taten vollbringen, dagegen aber nur über eine sehr dürftige Kenntnis der Tora verfügen. Die Bachweide schließlich gibt ein ganz trauriges Bild ab: sie schmeckt weder noch duftet sie. Das sind Juden, die weder Tora lernen noch gute Taten vollbringen. Das Zusammenhalten dieser “vier Arten” stellt nach der Aussage dieses Midrasch die Einheit des jüdischen Volkes als einen Wert an sich dar. Ihre unbedingte Wahrung wird dort geradezu als eine “Erhebung Gottes” bezeichnet (Wajikra Raba 30,12). Die Botschaft der “vier Arten” wäre demnach dahin gehend, dass es die Einheit des Volkes auch dann zu wahren gilt, wenn die menschliche Urteilskraft allein u.U. geneigt wäre, Teile des Volkes (etwa die "Bachweiden") auszugrenzen.
Zahlreiche volkstümliche Erzählungen ranken sich um die enormen Anstrengugen, die in jüdischen Gemeinden in von Palmen und Zitrusfrüchten nicht gerade gesegneten Ländern wie Polen oder Russland vor Sukkot oft unternommen wurden, um in den Besitz *koscherer "vier Arten" zu gelangen.

Das Fest des Wassers
Sukkot ist auch das Fest des Wassers. An ihm wird nach talmudischer Tradition Gottes endgültiger Richtspruch über die von Ihm dem Land Israel für das nächste Jahr zugemessene lebensspendende Regenmenge gefällt (*Mischna Rosch Haschana 1,2). Zu Tempelzeiten wurde während der sieben Feiertage zusätzlich zu dem täglichen *Tamid-Opfer und seinen begleitenden Veranstaltungen ein sog. “Wassergussopfer” (“Nissuch Hamajim”) am Altar veranstaltet (Mischna Sukka 4,9) und am letzten Tag des Festes spricht man ein sog. Regengebet, mit dem die Regenperiode begrüßt wird. Von nun an wird der Regen, der in den Sommermonaten aus dem Gebet ausgeklammert wurde, wieder ins täglichen Gebet einbezogen (*Talmud Ta'anit 2a-b). Ein Auszug aus dem Regengebet (“Tefilat Hageschem”), das auf biblische Motive, in denen Wasser eine Rolle spielte, Bezug nimmt, veranschaulicht die dem Wasser darin zugesprochenen wunderbaren Eigenschaften:
"Gedenke des im Schilfkästchen aus dem Wasser Gezogenen (Moses),

den man bat Wasser zu schöpfen und der die Herde tränkte,

und als Deine Erwählten (Israel) nach Wasser dursteten,

schlug er auf den Felsen, da kam Wasser heraus,

um seines Verdienstes willen beschere Wasserfülle.

...

Gedenke der zwölf Stämme, für die Du das Wasser teiltest (beim Auszug aus Ägypten),

und denen Du bitteres Wasser (in der Wüste) süß werden ließest,

Generationen lang vergossen sie Deinetwillen ihr Blut wie Wasser,

wende Dich uns zu, denn wir sind vom Wasser eingeschlossen,

um deren Verdienste willen beschere uns Wasserfülle.

Denn Du bist der Ewige, unser Gott, der den Wind wehen lässt und den Regen niederbringt.

Zum Segen und nicht zum Fluch,

zum Leben und nicht zum Tode,

zur Sattheit und nicht zur Kargheit."

Ihren Höhepunkt erreichten die “Wasserfeierlichkeiten” mit der am zweiten Tag des Sukkotfestes veranstalteten Zeremonie der “Freude des Wasserschöpfens” (“Simchat Bet Haschoewa”), während der man das Signal zum Aufbruch zum Schiloach-Brunnen gab, wo das für das Wassergussopfer benötigte Wasser geschöpft wurde. Auf diese Zeremonie Bezug nehmend, stellt die *Mischna fest: “Wer die Freude des Wasserschöpfens nicht miterlebt hat, hat zeitlebens keine (wirkliche) Freude erlebt” (Sukka 5,1) - womit wir wieder beim zentralen Motto des Sukkotfestes angelangt wären: der Freude. Und so wird diese Zeremonie in den jüdischen Quellen beschrieben:

"Am Ausgang des ersten Sukkotfeiertages ging man in den Frauenvorhof (den größten Vorplatz des Tempels) hinab ... Dort waren goldene Leuchter mit je vier goldenen Schalen am oberen Ende und vier Leitern vor jedem Leuchter und vier junge Priesterzöglinge mit Ölkrügen mit (insgesamt) einhundertundzwanzig Log (ca. 42 Liter) Öl, die dann in die Schalen gegossen wurden. Aus den abgetragenen Priestergewändern wurden Dochte gedreht und angezündet. Es war kein Hof in Jerusalem, der vom Licht des Bet Haschoewa nicht erhellt war. Die Frommen und die Männer der Tat tanzten und sangen mit brennenden Fackeln in der Hand. Leviten spielten die Harfe, die Leier, die Zimbel, die Trompete und andere Musikinstrumente ... Es heißt über Rabbi Schimon ben Gamliel, daß er bei der Simchat Bet Haschoewa in seiner Freude mit acht Feuerfackeln jonglierte, ohne dass die eine die andere berührte" (Sukka 51a-53a).




von Webseite des Joseph Carlebach Institut

 
 
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